Erweiterter Wirtschaftskreislauf

Was ist der erweiterte Wirtschaftskreislauf?

Neue Akteure im Wirtschaftskreislauf

Der erweiterte Wirtschaftskreislauf berücksichtigt neben Haushalten und Unternehmen drei weitere wesentliche Akteure: den Staat, das Bankensystem und die Außenwirtschaft. Diese Akteure repräsentieren zusätzliche Funktionen und Interaktionen, die den modernen Wirtschaftsablauf prägen. Ein Automobilhersteller produziert beispielsweise nicht nur Fahrzeuge für den inländischen Markt, sondern exportiert weltweit, zahlt Steuern an den Staat und finanziert Investitionen über Bankkredite. Diese Verflechtungen zeigen, wie komplex die wirtschaftlichen Beziehungen in der Realität sind und verdeutlichen, dass es neben den grundlegenden Tauschprozessen auch staatliche Eingriffe, internationale Verflechtungen und Bankgeschäfte gibt.

Die Rolle des Staates

Der Staat übernimmt zentrale Funktionen im erweiterten Wirtschaftskreislauf, indem er Steuern erhebt und öffentliche Güter bereitstellt. Dabei wird zwischen direkten Steuern, wie der Einkommensteuer, und indirekten Steuern, wie der Umsatzsteuer, unterschieden. Direkte Steuern werden direkt von Steuerzahlenden entrichtet und hängen vom Einkommen oder Vermögen ab, während indirekte Steuern auf den Konsum erhoben werden und in den Preisen von Gütern oder Dienstleistungen enthalten sind. Ein Beispiel ist der Bau einer Schule, der durch Steuereinnahmen finanziert wird: Der Staat vergibt Bauaufträge, schafft Arbeitsplätze für Lehrkräfte, stellt Bildung als öffentliches Gut bereit und unterstützt bedürftige Haushalte durch Transferleistungen wie Kindergeld oder Arbeitslosengeld. Dadurch kann er Ungleichheiten abmildern und den Wirtschaftskreislauf stabilisieren.

dec-economics-market-basics-extended-economic-cycle_overview.svg

Wie funktioniert das Bankensystem im Wirtschaftskreislauf?

Geschäftsbanken als Finanzintermediäre

Geschäftsbanken vermitteln zwischen Sparenden und Kreditnehmenden, die zusätzliche finanzielle Mittel für Investitionen oder Konsum benötigen. Sie nehmen Einlagen entgegen und vergeben Kredite, wodurch Giralgeld entsteht, also Buchgeld, das ausschließlich auf Konten existiert. Wenn ein Technologieunternehmen zur Erweiterung seiner Produktionskapazitäten einen Kredit aufnimmt, schreibt die Bank dem Unternehmenskonto den vereinbarten Betrag gut, ohne dafür neue Geldscheine drucken zu müssen. Diese Geldschöpfung ermöglicht Investitionen, fördert Innovationen und trägt langfristig zum Wirtschaftswachstum bei.

Die Rolle der Zentralbank

Die Zentralbank steuert die Geldmenge und beeinflusst über den Leitzins und andere Instrumente die Kreditvergabe der Geschäftsbanken. Durch Anpassungen des Leitzinses oder Veränderungen bei Mindestreserveanforderungen wirken sich ihre Entscheidungen auf Konsum, Investitionen und damit auf den gesamten Wirtschaftsablauf aus. Wird der Leitzins gesenkt, erhalten Unternehmen und Haushalte zu günstigeren Konditionen Kredite, was Investitionen, Produktion und Beschäftigung anregt. Umgekehrt dämpft ein höherer Leitzins die Nachfrage nach Krediten und wirkt stabilisierend, wenn Überhitzungstendenzen in der Wirtschaft auftreten.

dec-economics-market-basics-extended-economic-cycle_EZB.svg

Wie wirkt sich die Außenwirtschaft auf den Wirtschaftskreislauf aus?

Internationale Handelsbeziehungen

Die Außenwirtschaft erweitert den nationalen Markt um den Austausch von Gütern und Dienstleistungen mit dem Ausland. Unternehmen erschließen neue Absatzmärkte, können Vorprodukte kostengünstig importieren und spezialisierte Technologien einkaufen. Wenn ein deutsches Maschinenbauunternehmen Spezialmaschinen nach Asien exportiert und elektronische Komponenten aus Nordamerika bezieht, entstehen weltweite Verflechtungen, die Arbeitsplätze, Preise und Einkommen im Inland beeinflussen. Internationale Handelsbeziehungen erhöhen die Vielfalt der Güter und Dienstleistungen, verbessern die Produktionsmöglichkeiten und schaffen ein dynamisches Zusammenspiel zwischen Volkswirtschaften.

Wechselkurse und Leistungsbilanz

Wechselkurse bestimmen die preisliche Wettbewerbsfähigkeit von Exporten und Importen. Erhöht sich der Wert einer Währung, werden Exporte teurer und Importe günstiger, was die Nachfrage nach inländischen Waren beeinflusst und so auf Beschäftigung sowie Konjunktur wirkt. Die Leistungsbilanz zeigt, ob ein Land mehr exportiert als importiert. Ein Land mit dauerhaften Exportüberschüssen häuft Auslandsvermögen an, was langfristig den inneren Wirtschaftsprozess prägt, da diese Überschüsse im Ausland angelegt, reinvestiert oder zum Ausbau wirtschaftlicher Aktivitäten genutzt werden können.

dec-economics-market-basics-extended-economic-cycle_extension.svg

Welche Wechselwirkungen entstehen zwischen den Wirtschaftsakteuren?

Staatliche Interventionen

Der Staat greift in den Wirtschaftskreislauf ein, indem er Steuern erhebt, Subventionen vergibt und Transferleistungen ausreicht. Diese Eingriffe beeinflussen Angebot und Nachfrage, verändern Einkommensverteilungen und wirken in Krisenzeiten stabilisierend. Beispielsweise können erhöhte Sozialausgaben in wirtschaftlich schwierigen Phasen die Kaufkraft stärken und den Abschwung abmildern. Durch Investitionen in Infrastrukturprojekte schafft der Staat zudem Arbeitsplätze und unterstützt die Privatwirtschaft bei der Umsetzung neuer Technologien oder Produktionsverfahren.

Internationale Verflechtungen

Weltweit verzahnte Liefer- und Wertschöpfungsketten führen zu komplexen Abhängigkeiten zwischen Volkswirtschaften. Unternehmen nutzen die internationale Arbeitsteilung, um günstiger zu produzieren, während andere Länder von spezialisierten Vorleistungen profitieren. Wenn etwa ein Hersteller von Konsumgütern Komponenten aus verschiedenen Erdteilen bezieht, spiegeln sich diese globalen Beziehungen in Wechselkursbewegungen, internationalen Preisschwankungen und der Stabilität aller beteiligten Volkswirtschaften wider. Durch die Verflechtung mit dem Ausland werden wirtschaftliche Entwicklungen international übertragen, wodurch auch politische Entscheidungen, Krisen oder Wachstumsimpulse in einem Land Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft haben.

dec-economics-market-basics-extended-economic-cycle_subvention.svg

Lernziele

  • die erweiterten Wirtschaftssubjekte im gesamtwirtschaftlichen Kreislauf erklären, indem die volkswirtschaftlichen Funktionen von Staat, Bankensystem und Außenwirtschaft sowie deren spezifische Interaktionen mit privaten Haushalten und Unternehmen systematisch dargestellt werden.
  • die staatlichen Interventionen im Wirtschaftskreislauf differenzieren, indem die verschiedenen Arten von Steuern (direkt/indirekt), Subventionen (Produkt-/Produktionssubventionen) und Transferleistungen (monetär/sachbezogen) sowie deren Wirkungen auf das Wirtschaftsgeschehen analysiert werden.
  • die außenwirtschaftlichen Verflechtungen im Wirtschaftskreislauf interpretieren, indem die Güter- und Kapitalströme mit dem Ausland sowie deren Auswirkungen auf die Binnenwirtschaft unter Berücksichtigung von Leistungsbilanz und Devisenkursen untersucht werden.
  • die Funktionen des Bankensystems im Wirtschaftskreislauf differenzieren, indem die Aufgaben der Geschäfts- und Zentralbanken bei Geldschöpfung, Kreditallokation und Zahlungsverkehr sowie deren Bedeutung für Investitions- und Sparverhalten systematisch analysiert werden.