Wirtschaftliche Verflechtungen

Welche Formen wirtschaftlicher Verflechtungen gibt es?

Fusionen und Übernahmen: Wenn Unternehmen eins werden

Fusionen und Übernahmen sind spezielle Formen von Unternehmenszusammenschlüssen, bei denen bisher eigenständige Organisationen entweder vollständig verschmelzen oder ein Unternehmen das andere übernimmt. Ein bekanntes Beispiel ist die Fusion von Daimler-Benz und Chrysler im Jahr 1998, die jedoch wenige Jahre später wegen anhaltender Integrationsprobleme rückgängig gemacht wurde. Solche Zusammenschlüsse verfolgen oft das Ziel, neue Märkte zu erschließen, Größenvorteile zu nutzen und die eigene Wettbewerbsposition zu stärken. Dabei können Synergien in Bereichen wie Forschung und Entwicklung, Vertrieb oder Einkauf entstehen. Da sich Organisationskulturen und Managementstrukturen jedoch stark unterscheiden können, bergen Fusionen und Übernahmen auch das Risiko von Integrationsproblemen sowie Spannungen zwischen den beteiligten Unternehmen.

Kooperationen: Gemeinsam stark

Unternehmen müssen nicht zwangsläufig fusionieren, um Vorteile aus einer engen Zusammenarbeit zu ziehen. Joint Ventures sind gemeinsame Tochterunternehmen, die von zwei oder mehr Partnern gegründet werden, um ein klar umrissenes Projekt umzusetzen. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit von BMW und Toyota, die ab 2013 ihre jeweiligen Stärken im Bereich alternativer Antriebe bündelten und gemeinsam an Brennstoffzellenfahrzeugen arbeiteten. Strategische Allianzen sind weniger formelle Partnerschaften, bei denen Unternehmen ihre Ressourcen teilen, um gemeinsame Ziele zu erreichen. So kooperierten Spotify und Uber ab 2014, um Kund:innen das Abspielen eigener Playlists während der Fahrt zu ermöglichen und beide Dienste dadurch attraktiver zu machen.

Konsortien und Arbeitsgemeinschaften: Temporäre Zusammenarbeit

Konsortien und Arbeitsgemeinschaften (ARGE) stehen für zeitlich begrenzte Zusammenschlüsse von Unternehmen, die ein bestimmtes Großprojekt gemeinsam umsetzen wollen. Dies ist typischerweise im Bauwesen zu beobachten, wenn mehrere Firmen ihre Kapazitäten, Fachkenntnisse und finanziellen Mittel bündeln, um komplexe Infrastrukturprojekte wie Brücken, Autobahnen oder Flughäfen zu realisieren. Eine solche vorübergehende Kooperation ermöglicht es den beteiligten Unternehmen, Risiken auf mehrere Schultern zu verteilen und Aufgaben so zu organisieren, dass das Projekt effizient und termingerecht durchgeführt werden kann. Nach Projektabschluss löst sich die Arbeitsgemeinschaft meist wieder auf, und die Partner gehen getrennte Wege.

Kartelle: Absprachen zur Ausschaltung des Wettbewerbs

Kartelle entstehen durch Absprachen zwischen rechtlich selbstständigen Unternehmen, um beispielsweise Preise, Produktionsmengen oder Absatzgebiete zu kontrollieren. Dadurch wird der Wettbewerb verzerrt, was zu erhöhten Preisen und geringeren Wahlmöglichkeiten für Verbraucher:innen führen kann. Ein prominentes Beispiel ist das sogenannte LKW-Kartell, das zwischen 1997 und 2011 aktiv war und bei dem mehrere Hersteller gemeinsame Preisabsprachen trafen. Aufgrund ihrer negativen Wirkung auf den Markt sind private Kartelle in den meisten Ländern verboten, und Verstöße werden von Kartellbehörden streng verfolgt und empfindlich bestraft.

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Welche Chancen und Risiken bergen wirtschaftliche Verflechtungen?

Chancen: Synergien und Marktmacht

Wirtschaftliche Verflechtungen bieten Unternehmen die Möglichkeit, Ressourcen und Kompetenzen zu bündeln und so kostengünstiger zu produzieren oder neue Produkte schneller zu entwickeln. Ein Beispiel ist die gemeinsame Forschung von Pharmakonzernen, z. B. bei der Entwicklung eines Impfstoffs, um schneller eine Marktzulassung zu erreichen. Größere Marktanteile oder gemeinsame Marktmacht können außerdem günstigere Konditionen bei Lieferanten oder im Vertrieb sichern, während die Streuung auf mehrere Geschäftsfelder das unternehmerische Risiko reduziert.

Risiken: Abhängigkeiten und Wettbewerbsbeschränkungen

Trotz ihrer Vorteile sind Zusammenschlüsse auch mit Risiken verbunden, da eine stärkere Verflechtung Unternehmen voneinander abhängig macht. Je enger Unternehmen zusammenarbeiten, desto größer werden gegenseitige Abhängigkeiten, die sich im Fall wirtschaftlicher Schwierigkeiten eines Partners nachteilig auswirken können. Gerät ein Zulieferer beispielsweise in finanzielle Not oder kann aus anderen Gründen nicht mehr liefern, drohen Produktionsausfälle bei allen Beteiligten. Verflechtungen können zudem den Wettbewerb im Markt einschränken, indem sie zu einer marktbeherrschenden Stellung führen oder kleinere Wettbewerber verdrängen.

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Wie sind Unternehmen wirtschaftlich verflochten?

Horizontale Verflechtungen: Gemeinsam stärker

Horizontale Verflechtungen entstehen, wenn Unternehmen derselben Branche Kooperationen eingehen oder fusionieren, um ihre Marktposition zu erweitern und Kostenvorteile durch größere Produktionsmengen zu realisieren. Ein Beispiel ist die Übernahme von Opel durch den französischen PSA-Konzern im Jahr 2017, die zu einer Bündelung von Entwicklungskapazitäten und Einkaufskonditionen führte. Da beide Unternehmen ähnliche Produkte für ähnliche Zielgruppen anbieten, konnten sie nach dem Zusammenschluss gemeinsame Marketingkampagnen und Vertriebswege nutzen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern.

Vertikale Verflechtungen: Entlang der Wertschöpfungskette

Vertikale Verflechtungen umfassen das Zusammenführen von Unternehmen aufeinanderfolgender Stufen der Wertschöpfungskette, zum Beispiel wenn ein Fahrzeughersteller einen Zulieferbetrieb erwirbt oder ein Lebensmittelkonzern eigene Plantagen betreibt. Diese Integration erlaubt es, Produktionsfaktoren besser zu kontrollieren, Lieferketten sicherzustellen und Qualitätsstandards strenger zu überwachen. Ein Automobilhersteller mit eigenen Autohäusern kann zudem den Vertrieb selbst gestalten und direkter mit den Kund:innen in Kontakt treten.

Diagonale Verflechtungen: Diversifikation

Diagonale Verflechtungen entstehen, wenn Unternehmen in unterschiedliche Branchen expandieren und so völlig neue Geschäftsfelder erschließen. Ein bekanntes Beispiel ist der Einstieg von Amazon in den Lebensmittelhandel durch die Übernahme von Whole Foods im Jahr 2017. Der Technologiekonzern erschloss damit ein neues Geschäftsfeld, in dem er seine bereits bestehenden Logistik- und Online-Vertriebsstrukturen einsetzen konnte. Durch diese Diversifikation können Unternehmen neue Märkte erschließen, sich unabhängiger von einzelnen Branchenzyklen machen und insgesamt ihre Geschäftsperspektiven erweitern, indem sie ihre Ressourcen und Kompetenzen auf mehrere Bereiche verteilen.

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Lernziele

  • die Merkmale diagonaler Zusammenschlüsse interpretieren, indem die strategischen Ziele Diversifikation, Risikostreuung und Markteintritt in neue Geschäftsfelder sowie deren Auswirkungen auf Unternehmensstruktur und -steuerung anhand konkreter Beispiele untersucht werden.
  • die grundlegenden Formen wirtschaftlicher Verflechtungen erklären, indem die verschiedenen Kooperationsformen wie Konzerne, Fusionen, Joint Ventures, Partnerschaften, Allianzen, Konsortien und ARGE/Interessensgemeinschaften anhand ihrer Struktur, Zielsetzung und rechtlichen Rahmenbedingungen beschrieben werden.
  • die Chancen und Risiken wirtschaftlicher Verflechtungen differenzieren, indem die potenziellen Vorteile (Synergien, Marktmacht, Risikostreuung) und Nachteile (Abhängigkeiten, Wettbewerbsbeschränkungen, Koordinationsaufwand) anhand konkreter Beispiele aus der Unternehmenspraxis untersucht werden.
  • die Charakteristika und Arten von Kartellen differenzieren, indem Preiskartelle, Gebietskartelle, Quotenkartelle und Syndikate nach ihren Vereinbarungsformen, Zielen und rechtlichen Rahmenbedingungen unterschieden und deren Auswirkungen auf Marktgeschehen und volkswirtschaftliche Wohlfahrt anhand historischer und aktueller Fälle analysiert werden.
  • die Merkmale vertikaler Zusammenschlüsse interpretieren, indem die Integration auf vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungsstufen zur Sicherung von Beschaffungs- bzw. Absatzwegen sowie deren Auswirkungen auf Produktionsprozesse und Marktstellung anhand konkreter Beispiele untersucht werden.
  • die Merkmale horizontaler Zusammenschlüsse interpretieren, indem die Motive Marktanteilsvergrößerung, Skaleneffekte und Wettbewerbsreduktion sowie deren Auswirkungen auf Marktstruktur und -dynamik anhand konkreter Beispiele untersucht werden.

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