Kapitalgesellschaften

Was sind Kapitalgesellschaften?

Kapitalbeteiligung

Hast du dich schon einmal gefragt, wie Unternehmen es schaffen, große Summen an Kapital zu beschaffen, um ihre Projekte zu finanzieren? Kapitalgesellschaften bieten eine Lösung, indem sie Anteile am Unternehmen verkaufen. Diese Anteile können in Form von Geschäftsanteilen bei einer GmbH oder als Aktien bei einer AG ausgegeben werden. Stell dir vor, jedes dieser Anteile ist wie ein Puzzleteil, das zusammen das gesamte Unternehmen bildet. Die Anteilseigner:innen können ihre Anteile verkaufen oder neue hinzuerwerben, was Flexibilität bei der Kapitalbeschaffung schafft.

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Die GmbH ist die am häufigsten gewählte Form der Kapitalgesellschaft in Deutschland, ideal für kleine und mittlere Unternehmen. Sie bietet eine ausgewogene Mischung aus Seriosität und Zugänglichkeit, da ein Mindeststammkapital von 25.000 Euro erforderlich ist, von dem bei Gründung mindestens die Hälfte eingezahlt werden muss. Die Organe der GmbH sind die Geschäftsführung und die Gesellschafterversammlung. Die Geschäftsführung kann durch eine oder mehrere Personen erfolgen, die von den Gesellschafter:innen bestellt werden, was eine klare Trennung zwischen Eigentum und Management ermöglicht. Die Übertragung von Geschäftsanteilen ist grundsätzlich möglich, bedarf jedoch der notariellen Beurkundung und gegebenenfalls der Zustimmung der übrigen Gesellschafter:innen.

Unternehmergesellschaft (UG)

Die UG (haftungsbeschränkt) ist die "kleine Schwester" der GmbH und bietet eine attraktive Möglichkeit für Gründer:innen, die mit geringem Kapital starten möchten. Theoretisch kann eine UG bereits mit einem Euro Stammkapital gegründet werden. Die Organe der UG entsprechen denen der GmbH: Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung. Wie bei der GmbH erfolgt die Geschäftsführung durch eine oder mehrere Personen, die von den Gesellschafter:innen bestellt werden. Die Übertragung von Geschäftsanteilen erfolgt wie bei der GmbH durch notarielle Beurkundung. Eine Besonderheit der UG ist die gesetzliche Verpflichtung, jährlich 25 % des Gewinns in eine Rücklage einzustellen, bis das Mindeststammkapital einer GmbH erreicht ist. Ein praktisches Beispiel: Ein Team von Entwickler:innen möchte eine innovative App auf den Markt bringen und gründet dafür eine UG, um mit minimalem finanziellen Risiko zu starten.

Aktiengesellschaft (AG)

Die Aktiengesellschaft (AG) ist die bevorzugte Rechtsform für große Unternehmen, die umfangreiches Kapital benötigen und dieses durch die Ausgabe von Aktien beschaffen möchten. Das Mindestgrundkapital beträgt 50.000 Euro, welches in Aktien zerlegt ist. Die Organe der AG sind der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung. Der Vorstand leitet die Gesellschaft eigenverantwortlich und wird vom Aufsichtsrat bestellt. Der Aufsichtsrat überwacht den Vorstand und wird von der Hauptversammlung der Aktionär:innen gewählt. Die Hauptversammlung entscheidet über grundlegende Angelegenheiten wie Satzungsänderungen oder Kapitalerhöhungen. Die Übertragung von Aktien ist in der Regel frei möglich, insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften, was die AG attraktiv für den Kapitalmarkt macht. Ein Beispiel: Ein wachstumsstarkes Technologieunternehmen plant, international zu expandieren, und entscheidet sich für die Rechtsform der AG, um durch die Ausgabe von Aktien das benötigte Kapital zu beschaffen.

Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA)

Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) vereint Merkmale der AG und der Kommanditgesellschaft. Sie ist für Unternehmen geeignet, die die Kapitalbeschaffungsvorteile der AG nutzen möchten, während die Kontrolle bei den persönlich haftenden Gesellschafter:innen bleibt. Das Mindestgrundkapital beträgt wie bei der AG 50.000 Euro. Die Organe der KGaA sind die persönlich haftenden Gesellschafter:innen (Komplementär:innen), die das Unternehmen leiten, und die Hauptversammlung der Kommanditaktionär:innen, die nur mit ihrer Einlage haften. Der Aufsichtsrat überwacht die Geschäftsführung. Die Übertragung von Aktien der Kommanditaktionär:innen erfolgt wie bei der AG. Ein praktisches Beispiel: Ein traditionsreiches Familienunternehmen möchte Kapital von externen Investor:innen aufnehmen, ohne die Kontrolle über die Geschäftsführung abzugeben, und wählt daher die Rechtsform der KGaA.

Europäische Gesellschaft (SE)

Die Europäische Gesellschaft (Societas Europaea, SE) ermöglicht es Unternehmen, europaweit unter einer einheitlichen Rechtsform zu operieren. Das Mindestgrundkapital beträgt 120.000 Euro. Die Organe der SE können entweder nach dem dualistischen System (Vorstand und Aufsichtsrat) wie bei der AG oder nach dem monistischen System (Verwaltungsrat) organisiert sein. Dies bietet Flexibilität in der Unternehmensführung. Die Übertragung von Anteilen erfolgt wie bei der AG, und die SE erleichtert grenzüberschreitende Fusionen und Umstrukturierungen innerhalb der EU. Ein Beispiel: Ein multinationaler Konzern möchte seine europäischen Tochtergesellschaften unter einem gemeinsamen Dach bündeln, um Verwaltungsaufwand zu reduzieren und einheitliche Strukturen zu schaffen, und entscheidet sich daher für die Rechtsform der SE.

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Welche Vorteile haben Kapitalgesellschaften?

Haftungsbeschränkung

Stell dir vor, ein Unternehmen gerät in finanzielle Schwierigkeiten oder muss sogar Insolvenz anmelden. Bei einer Kapitalgesellschaft ist das private Vermögen der Anteilseigner:innen geschützt, da sie nur mit ihrer Einlage haften. Diese Haftungsbeschränkung ermöglicht es Unternehmer:innen, Risiken einzugehen, ohne das gesamte Privatvermögen zu gefährden. Ein bekanntes Beispiel ist der Fall des Unternehmens Wirecard. Trotz der Insolvenz des Unternehmens blieb das Privatvermögen der Aktionär:innen unberührt. Dies zeigt, wie die Haftungsbeschränkung in der Praxis funktioniert und welche Sicherheit sie den Investor:innen bietet.

Steuerliche Vorteile

Die steuerliche Behandlung von Kapitalgesellschaften bietet interessante Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere bei Holdingstrukturen. Gewinne aus Beteiligungen an Tochtergesellschaften können unter bestimmten Voraussetzungen weitgehend steuerfrei vereinnahmt werden. Dadurch lassen sich Steuervorteile erzielen und Gewinne effizienter reinvestieren. Die Körperschaftsteuer beträgt 15 % zuzüglich Solidaritätszuschlag, was insgesamt zu einer steuerlichen Belastung von rund 15,825 % führt. Bei geschickter steuerlicher Planung kann dies zu einer geringeren Gesamtsteuerbelastung führen als bei Personengesellschaften. Risikokapitalgebende, also Investor:innen, die in junge und wachstumsstarke Unternehmen investieren, bevorzugen oft Kapitalgesellschaften aufgrund dieser steuerlichen Vorteile und der klaren Strukturen. Durch die Möglichkeit, Beteiligungen zu halten und Gewinne steueroptimiert zu verteilen, wird die Kapitalbeschaffung für Unternehmen attraktiver.

Kapitalbeschaffung

Ein wesentlicher Vorteil von Kapitalgesellschaften liegt in den vielfältigen Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung. Bei einer AG können durch die Ausgabe von Aktien erhebliche Summen am Kapitalmarkt aufgenommen werden. Dies ermöglicht Unternehmen, Investitionen in Wachstum und Innovation zu finanzieren. Auch eine GmbH kann Kapital durch die Aufnahme neuer Gesellschafter:innen oder die Ausgabe von Genussrechten beschaffen. Genussrechte sind Finanzierungsinstrumente, mit denen Unternehmen Kapital erhalten, ohne neue Gesellschafter:innen aufzunehmen oder das Stammkapital zu erhöhen. Investor:innen erhalten dabei vermögensrechtliche Vorteile wie Gewinnbeteiligungen, aber keine Mitspracherechte im Unternehmen. Für das Unternehmen bedeutet dies flexibles Kapital, während die Kontrolle und Stimmrechtsverhältnisse unverändert bleiben. Ein Beispiel: Ein mittelständisches Unternehmen möchte expandieren und bietet Investor:innen Genussrechte an, um Kapital zu beschaffen, ohne Einfluss auf die Unternehmensführung abzugeben.

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Welche rechtlichen Anforderungen bestehen?

Mindestkapital und Kapitalerhaltung

Das Mindestkapital dient dem Schutz der Gläubiger:innen und der Seriosität der Gesellschaft. Bei der GmbH beträgt es 25.000 Euro, bei der AG 50.000 Euro. Dieses Kapital muss nicht nur eingezahlt, sondern auch erhalten werden. Sinkt das Vermögen unter diese Grenze, müssen die Geschäftsführenden sofort handeln. Ein Beispiel: Wenn eine GmbH durch Verluste die Hälfte ihres Stammkapitals einbüßt, muss unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einberufen werden. Dies dient dazu, mögliche Sanierungsmaßnahmen zu besprechen oder über eine Auflösung der Gesellschaft zu entscheiden.

Gesellschaftsvertrag und Satzung

Der Gesellschaftsvertrag ist das Grundgesetz der Kapitalgesellschaft. Er regelt nicht nur die Rechte und Pflichten der Beteiligten, sondern auch die Organisationsstruktur. Bei der GmbH regelt der Gesellschaftsvertrag die Rechte und Pflichten der Gesellschafter:innen, die Geschäftsführung und die Gewinnverteilung. Bei der AG enthält die Satzung Bestimmungen über das Grundkapital, die Art der Aktien, die Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat sowie die Einberufung der Hauptversammlung. Diese Regelungen schaffen Rechtssicherheit für alle Beteiligten und müssen notariell beurkundet werden.

Handelsregister und Publizität

Die Eintragung ins Handelsregister macht die Gesellschaft öffentlich sichtbar und ist Voraussetzung für ihre Rechtsfähigkeit. Mit der Größe der Gesellschaft steigen auch die Publizitätspflichten. Eine große AG muss beispielsweise ihren Jahresabschluss im Bundesanzeiger veröffentlichen und wird von Wirtschaftsprüfenden geprüft. Diese Transparenz schafft Vertrauen bei Geschäftspartner:innen und der Öffentlichkeit. Bei einer GmbH sind die Publizitätspflichten weniger umfangreich, aber dennoch müssen abhängig von der Größe bestimmte Informationen veröffentlicht werden, um die Transparenz und den Schutz der Gläubiger:innen zu gewährleisten.

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Wie gründet man eine Kapitalgesellschaft?

Gesellschaftsvertrag und Satzung

Der erste Schritt zur Gründung einer Kapitalgesellschaft ist die Erstellung des Gesellschaftsvertrags bei einer GmbH oder der Satzung bei einer AG. In beiden Fällen muss das Gründungsdokument notariell beurkundet werden, um die Rechtswirksamkeit sicherzustellen. Ein praktisches Beispiel: Während bei der GmbH die Gesellschafter:innen weitgehende Gestaltungsfreiheit haben, sind bei der AG viele Regelungen gesetzlich vorgeschrieben, um den Schutz der Aktionär:innen zu gewährleisten.

Unternehmensführung

Die Bestellung der Unternehmensführung folgt klaren Regeln. Bei der GmbH wird die Geschäftsführung von den Gesellschafter:innen bestellt. Die Geschäftsführenden vertreten die Gesellschaft nach außen und führen die Geschäfte im Innenverhältnis gemäß den Weisungen der Gesellschafterversammlung. Bei der AG ist die Führung auf mehrere Organe verteilt: Der Vorstand leitet das Unternehmen eigenverantwortlich, der Aufsichtsrat überwacht den Vorstand, und die Hauptversammlung der Aktionär:innen trifft grundlegende Entscheidungen. Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch den Aufsichtsrat, während der Aufsichtsrat von der Hauptversammlung gewählt wird. Diese strikte Trennung von Leitung und Kontrolle dient dem Schutz der Aktionär:innen und der Effizienz der Unternehmensführung.

Kapitalaufbringung

Die Aufbringung des Mindestkapitals ist ein entscheidender Schritt bei der Gründung sowohl einer GmbH als auch einer AG. Bei der GmbH beträgt das Mindeststammkapital 25.000 Euro, von dem mindestens die Hälfte vor der Anmeldung zum Handelsregister eingezahlt sein muss. Bei der AG beträgt das Mindestgrundkapital 50.000 Euro, wobei vor der Eintragung mindestens ein Viertel jeder Aktie eingezahlt sein muss, sowie der volle Betrag bei Sacheinlagen. Bei Bareinlagen erfolgt die Einzahlung auf ein spezielles Geschäftskonto. Bei Sacheinlagen, etwa wenn Vermögensgegenstände wie Maschinen oder Immobilien eingebracht werden, ist ein detaillierter Sachgründungsbericht erforderlich, der die Werthaltigkeit der Einlage nachweist. Die ordnungsgemäße Kapitalaufbringung wird vom Notariat oder einer Gründungsprüfer:in bestätigt und dient dem Schutz der Gläubiger:innen.

Behördliche Anmeldungen

Nach der Eintragung ins Handelsregister müssen weitere behördliche Anmeldungen erfolgen. Sowohl die GmbH als auch die AG müssen beim Gewerbeamt angemeldet werden, um die Gewerbeanmeldung zu erhalten. Beim Finanzamt ist die steuerliche Erfassung zu beantragen, wofür ein steuerlicher Erfassungsbogen auszufüllen ist. Bei der AG können zusätzliche Pflichten bestehen, etwa wenn die Aktien öffentlich angeboten werden sollen, was die Einhaltung des Wertpapierhandelsgesetzes erfordert. Diese administrativen Schritte sind formal, aber essentiell, um die volle Rechtsfähigkeit der Gesellschaft zu gewährleisten und den Geschäftsbetrieb rechtssicher aufzunehmen.

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Lernziele

  • die verschiedenen Formen von Kapitalgesellschaften erklären, indem die spezifischen Merkmale von GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG, KGaA und SE hinsichtlich Mindestkapital, Organe und Anteilsübertragung dargestellt werden.
  • die Vorteile von Kapitalgesellschaften differenzieren, indem die beschränkte Haftung, steuerliche Behandlung – insbesondere bei Holdingstrukturen – und Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung als Entscheidungskriterien betrachtet werden.
  • die rechtlichen Anforderungen an Kapitalgesellschaften interpretieren, indem die Bedeutung von Mindestkapital, Gesellschaftsvertrag, Handelsregister und Geschäftsführung für den Gründungsprozess und laufenden Betrieb erläutert und anhand praktischer Beispiele illustriert werden.
  • den Gründungsprozess einer Kapitalgesellschaft umzusetzen, indem die erforderlichen Schritte von der Erstellung des Gesellschaftsvertrags über die Eintragung ins Handelsregister bis zur Geschäftsaufnahme praxisnah, unter Berücksichtigung rechtlicher und administrativer Anforderungen und in der richtigen Reihenfolge dargestellt werden.

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