Betriebsverfassungsgesetz
Was regelt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)?
Ziel und Bedeutung des BetrVG
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bildet die rechtliche Grundlage für die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland. Es regelt die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden und verpflichtet beide Seiten zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG). Es schafft die Grundlage für die Bildung von Betriebsräten (§§ 1, 13 BetrVG), die die Interessen der Belegschaft vertreten und in betrieblichen Angelegenheiten beteiligt werden müssen. Ein typisches Beispiel ist die Einführung einer neuen Software zur Zeiterfassung: Der Betriebsrat hat hier ein zwingendes Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) und kann Aspekte wie Datenschutz, Benutzungsfreundlichkeit und faire Arbeitszeiterfassung in die Entscheidung einbringen.
Beteiligungsrechte des Betriebsrats
Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats sind gestuft aufgebaut. Bei wirtschaftlichen Angelegenheiten bestehen Informationsrechte, die Arbeitgebende zu rechtzeitiger und umfassender Unterrichtung verpflichten (§§ 106-113 BetrVG). Mitwirkungsrechte ermöglichen es dem Betriebsrat, Vorschläge einzubringen und Stellung zu nehmen, etwa bei personellen Einzelmaßnahmen (§§ 81, 92 BetrVG). Die stärksten Rechte sind die Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten (§ 87 BetrVG): Ein Produktionsunternehmen kann beispielsweise Schichtpläne nicht einseitig ändern, sondern muss mit dem Betriebsrat eine Einigung erzielen. Auch bei Fragen der Arbeitszeit, bei Urlaubsgrundsätzen oder betrieblichen Ordnungsvorschriften ist die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich.
Welche Rolle spielt die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)?
Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung
In Betrieben mit mindestens fünf Beschäftigten unter 25 Jahren oder in der Berufsausbildung wird eine Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) gewählt (§ 60 BetrVG). Die Wahl erfolgt alle zwei Jahre in geheimer und direkter Abstimmung (§ 63 BetrVG). Wahlberechtigt sind alle Beschäftigten unter 25 Jahren sowie alle in Berufsausbildung befindlichen Personen unabhängig vom Alter. Wählbar sind Beschäftigte unter 25 Jahren mit mindestens sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit (§ 61 BetrVG). Die Anzahl der JAV-Mitglieder richtet sich nach der Größe der zu vertretenden Gruppe.
Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung
Die JAV vertritt die spezifischen Interessen von jungen Beschäftigten und Auszubildenden. Sie überwacht die Einhaltung von Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen zum Schutz dieser Gruppe (§ 70 BetrVG) und kann beim Betriebsrat Maßnahmen beantragen (§ 67 Abs. 2 BetrVG). Ein typisches Beispiel ist die Qualität der Ausbildung: Stellt die JAV fest, dass Auszubildende überwiegend ausbildungsfremde Tätigkeiten ausführen, kann sie dies dem Betriebsrat vortragen, der dann Verbesserungen mit der Geschäftsführung verhandelt. Die JAV nimmt an Betriebsratssitzungen teil, wenn Themen der Ausbildung oder junge Beschäftigte betroffen sind (§ 67 Abs. 1 BetrVG).
Welche Konsequenzen haben Verstöße gegen das BetrVG?
Rechtliche Folgen für Arbeitgebende
Verstöße gegen das BetrVG können erhebliche Konsequenzen haben. Maßnahmen, die ohne erforderliche Betriebsratszustimmung getroffen werden, sind unwirksam (§ 101 BetrVG). Wird etwa eine Überwachungsanlage ohne Zustimmung installiert, kann der Betriebsrat deren Entfernung verlangen. Schwerwiegende Verstöße können mit Geldbußen bis zu 10.000 Euro geahndet werden (§ 121 BetrVG). Besonders gravierende Fälle, wie die Behinderung der Betriebsratsarbeit, können sogar mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden (§ 119 BetrVG).
Pflichten und Konsequenzen für Betriebsratsmitglieder
Betriebsratsmitglieder müssen ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben (§ 40 BetrVG) und unterliegen der Schweigepflicht über vertrauliche Informationen (§ 79 BetrVG). Die Verletzung dieser Pflichten kann arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur außerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB) nach sich ziehen. Bei wirtschaftlichen Schäden durch Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen drohen zudem Schadensersatzansprüche (§ 823 BGB). Gleichzeitig sind Betriebsratsmitglieder durch das BetrVG geschützt: Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden (§ 78 BetrVG) und genießen besonderen Kündigungsschutz.
Lernziele
- die Konsequenzen bei Verstößen gegen das BetrVG interpretieren, indem die rechtlichen Folgen für Arbeitgebende und Arbeitnehmende sowie die möglichen Sanktionen und deren Durchsetzung analysiert werden.
- die Pflichten zur Zusammenarbeit und Information veranschaulichen, indem die Informations- und Anhörungsrechte des Betriebsrats sowie die Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit anhand konkreter Beispiele dargestellt werden.
- das Ziel des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) erklären, indem die Förderung der betrieblichen Mitbestimmung, die Sicherstellung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden sowie die Regelung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats systematisch dargestellt werden.
- die Wahl und Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) veranschaulichen, indem der Wahlprozess, die spezifischen Mitspracherechte und Schutzregelungen sowie die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat anhand konkreter Beispiele dargestellt werden.
- die Beteiligungsrechte des Betriebsrats erklären, indem die verschiedenen Mitbestimmungs-, Mitwirkungs- und Informationsrechte sowie deren praktische Umsetzung in betrieblichen Angelegenheiten systematisch dargestellt werden.