Personengesellschaften

Was sind Personengesellschaften?

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Hast du dich schon einmal gefragt, wie du mit anderen zusammen ein Geschäft starten kannst, ohne direkt eine komplexe Unternehmensstruktur aufzubauen? Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bietet genau diese Möglichkeit. Stell dir vor, du und deine Freund:innen plant, ein Café zu eröffnen. Ihr beschließt, die Verantwortung zu teilen, Ressourcen gemeinsam zu nutzen und Gewinne aufzuteilen. Sobald ihr euch auf ein gemeinsames Ziel einigt, entsteht rechtlich gesehen bereits eine GbR. Ein schriftlicher Vertrag ist nicht erforderlich, wird jedoch dringend empfohlen. Wichtig: Alle Gesellschafter:innen haften persönlich, unbegrenzt und gesamtschuldnerisch für die Verpflichtungen der GbR. Das macht die Gründung einfach, bringt jedoch auch ein hohes Risiko mit sich.

Offene Handelsgesellschaft (OHG)

Wenn das Geschäft wächst und ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe betrieben wird, ist die Offene Handelsgesellschaft (OHG) eine passende Rechtsform. Ein Beispiel ist ein expandierendes Familienunternehmen im Großhandel. Die OHG bietet eine professionelle Struktur mit Eintragung ins Handelsregister. Die Geschäftsführung liegt standardmäßig bei allen Gesellschafter:innen, kann aber durch den Gesellschaftsvertrag individuell geregelt werden. Wie bei der GbR haften alle Gesellschafter:innen unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen.

Kommanditgesellschaft (KG)

Die Kommanditgesellschaft (KG) ist ideal für Personen mit unterschiedlichen Rollen und Risikobereitschaft. Ein Beispiel: Eine Personengruppe möchte ein Unternehmen gründen, wobei ein Teil die Geschäftsführung übernimmt, während andere sich nur finanziell beteiligen. Die Geschäftsführenden, sogenannte Komplementär:innen, haften vollumfänglich und leiten das operative Geschäft. Die finanziellen Beteiligten, die Kommanditist:innen, haften hingegen nur mit ihrer Einlage. Diese Struktur ist besonders für Familienunternehmen geeignet, in denen einige Mitglieder aktiv mitarbeiten, während andere lediglich Kapital bereitstellen.

Partnerschaftsgesellschaft (PartG)

Die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) richtet sich an Freiberufler:innen wie Ärzt:innen, Rechtsanwält:innen oder Architekt:innen. Sie ähnelt der GbR, ist jedoch speziell auf die Bedürfnisse von Freiberufler:innen abgestimmt. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag ist verpflichtend, und die Eintragung ins Partnerschaftsregister macht die Gründung offiziell. Die Partner:innen haften persönlich, unbeschränkt und gesamtschuldnerisch, jedoch nur für Fehler im eigenen Tätigkeitsbereich. Das bedeutet, dass du nicht für Fehler deiner Partner:innen haftest.

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Welche Vorteile haben Personengesellschaften?

Geringere formale Anforderungen

Ein großer Vorteil von Personengesellschaften sind die geringen formalen Anforderungen bei der Gründung. Sie sind einfacher und schneller zu gründen als Kapitalgesellschaften. Es gibt weniger bürokratische Hürden, und Mindestkapitalbeträge sind nicht erforderlich. Dies macht sie besonders attraktiv für Gründer:innen mit begrenzten finanziellen Ressourcen.

Steuerliche Vorteile

Die steuerliche Behandlung von Personengesellschaften basiert auf dem Transparenzprinzip: Nicht die Gesellschaft selbst, sondern die einzelnen Gesellschafter:innen versteuern die Gewinne. Dies kann besonders bei niedrigen oder mittleren Einkommen vorteilhaft sein. Zudem können Verluste mit anderen Einkünften verrechnet werden.

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Welche Haftungsrisiken bestehen?

Persönliche Haftung

Die persönliche Haftung ist ein zentrales Merkmal von Personengesellschaften. Wenn beispielsweise eine OHG in finanzielle Schwierigkeiten gerät, können kreditgebende Personen auf das Privatvermögen der Gesellschafter:innen zugreifen. Dies umfasst unter Umständen auch private Ersparnisse oder das Eigenheim.

Unbeschränkte Haftung

Die unbeschränkte Haftung bedeutet, dass es keine Obergrenze für die Haftung gibt. Verursacht eine GbR einen Schaden von einer Million Euro, haften alle Gesellschafter:innen gesamtschuldnerisch für die gesamte Summe – auch wenn das Privatvermögen nicht ausreicht. Um dieses Risiko zu minimieren, können gezielt Versicherungen abgeschlossen werden, die vor finanziellen Folgen im Schadensfall schützen. Dies ist besonders in risikoreichen Branchen eine sinnvolle Absicherung.

Gesamtschuldnerische Haftung

Jede gesellschafterliche Person haftet für die gesamten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Kreditgebende Personen können sich aussuchen, von wem sie die Summe einfordern. Intern besteht zwar ein Ausgleichsanspruch, dieser greift jedoch nicht, wenn andere Gesellschafter:innen zahlungsunfähig sind. Dieses Haftungsmodell erhöht das individuelle Risiko und erfordert ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Gesellschafter:innen.

Unterschiede zwischen Gesellschafts- und Privatschulden

Es ist wichtig, zwischen Gesellschafts- und Privatschulden zu unterscheiden. Gesellschaftsschulden sind Verbindlichkeiten, die im Rahmen der Geschäftstätigkeit entstehen. Privatschulden sind persönliche Verbindlichkeiten der Gesellschafter:innen, die nichts mit der Gesellschaft zu tun haben. Obwohl die Haftung in Bezug auf Gesellschaftsschulden weitreichend ist, haften die Gesellschafter:innen nicht für die Privatschulden der jeweils anderen. Dieses Prinzip schützt die Gesellschafter:innen vor den persönlichen finanziellen Risiken der anderen Gesellschafter:innen.

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Wie gründet man eine Personengesellschaft?

Gesellschaftsvertrag

Der Grundstein jeder erfolgreichen Personengesellschaft ist ein durchdachter Gesellschaftsvertrag. Stellen wir uns vor, drei Grafikdesignerinnen möchten gemeinsam eine Agentur gründen. In ihrem Gesellschaftsvertrag müssen sie zentrale Fragen klären: Wie werden Entscheidungen getroffen? Wer bringt welche Einlagen ein? Wie werden Gewinne verteilt? Auch wenn bei einer GbR theoretisch eine mündliche Vereinbarung genügt, ist ein schriftlicher Vertrag unverzichtbar, um spätere Konflikte zu vermeiden. Bei der OHG, KG und PartG ist die Schriftform ohnehin verpflichtend. Der Vertrag sollte zudem Regelungen für mögliche Krisensituationen wie das Ausscheiden einer Person oder die Auflösung der Gesellschaft enthalten.

Eintragung ins Handelsregister

Die Eintragung ins Handelsregister verleiht der Gesellschaft ihre rechtliche Identität nach außen. Nehmen wir als Beispiel ein Start-up im E-Commerce: Als OHG muss es sich ins Handelsregister eintragen lassen. Dieser Prozess erfolgt über eine notarielle Beglaubigung. Die Eintragung macht die Gesellschaft öffentlich sichtbar und schafft Transparenz für Geschäftspartner:innen. Während die GbR keine Eintragungspflicht hat, ist sie für OHG, KG und PartG zwingend erforderlich. Die Eintragung enthält wichtige Informationen wie Namen und Anschrift der Gesellschaft sowie die vertretungsberechtigten Personen.

Anmeldung beim Gewerbeamt

Die gewerbliche Tätigkeit muss beim zuständigen Gewerbeamt angemeldet werden. Denken wir an ein neues Handwerksunternehmen: Bevor der erste Auftrag ausgeführt werden kann, ist die Gewerbeanmeldung erforderlich. Dabei sind die persönlichen Daten aller Gesellschafter:innen sowie Art und Ort der Geschäftstätigkeit anzugeben. Ausgenommen von dieser Pflicht sind Freiberufler:innen, die eine Partnerschaftsgesellschaft gründen. Die Gewerbeanmeldung löst automatisch weitere Prozesse aus, wie die Information der Berufsgenossenschaft und der Industrie- und Handelskammer.

Anmeldung beim Finanzamt

Der letzte wichtige Schritt ist die steuerliche Erfassung beim Finanzamt. Hier wird der Grundstein für die zukünftige Besteuerung gelegt. Das Finanzamt versendet einen detaillierten Fragebogen, in dem beispielsweise Angaben zur Art der Tätigkeit sowie den erwarteten Umsätzen und Gewinnen gemacht werden müssen. Basierend auf diesen Informationen erfolgt die steuerliche Einordnung und die Vergabe einer Steuernummer.

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Lernziele

  • die verschiedenen Formen von Personengesellschaften erklären, indem die GbR, OHG, KG und Partnerschaftsgesellschaft anhand ihrer rechtlichen Grundlagen, Haftungsregelungen und Geschäftsführungsbefugnisse erläutert werden.
  • die Vorteile von Personengesellschaften differenzieren, indem die geringeren formalen Anforderungen, die steuerliche Behandlung und die flexible Organisationsstruktur als Entscheidungskriterien analysiert werden.
  • die Haftungsrisiken der verschiedenen Personengesellschaftsformen vergleichen, indem die persönliche, unbeschränkte und gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter:innen sowie die Unterschiede zwischen Gesellschafts- und Privatschulden dargestellt werden.
  • den Gründungsprozess einer Personengesellschaft umzusetzen, indem die erforderlichen Schritte von der Erstellung des Gesellschaftsvertrags bis zur Anmeldung beim Gewerbeamt und Finanzamt praxisnah beschrieben werden.
  • die Eignung von Personengesellschaften für unterschiedliche Geschäftsszenarien differenzieren, indem anhand konkreter Fallbeispiele (Start-up, Freiberufler, Familienunternehmen) die Kriterien Haftung, Kapitalbedarf, Steuerbelastung und Verwaltungsaufwand systematisch analysiert und eine begründete Empfehlung abgeleitet wird.